Die USA und die EU - Können sie dem Druck standhalten?

Veröffentlicht am:20.06.2018

Die USA betreiben das ESTA System seit 2009. Der Schengenraum Europas ist eine weitläufige Ansammlung von Ländern und Regionen, die ebenfalls ein Visum erforderlich machen, um sie von Außerhalb zu besuchen. Einige Länder sind jedoch von dieser Visumspflicht ausgenommen – die Vereinigten Staaten von Amerika sind eines davon. Amerikas gleichartiges System, ESTA, ist für viele EU-Länder verfügbar. Hierbei sorgt es jedoch in der EU für Frust, dass das ESTA nicht für alle EU-Mitglieder verfügbar ist, während das Schengen-Visum US-Amerikanern erlaub, den gesamten Schengenraum zu bereisen. Warum ist das ein Problem? Das hängt damit zusammen, wie die EU ihre Bürger sieht, wie die USA sie sehen und der Meinungsverschiedenheit der beiden darüber, wie die Dinge funktionieren sollten.

Unter Druck

Alle willkommen (außer du)

Im sogenannten Visa-Krieg wurde das Problem, wer sich für das ESTA bewerben darf und wer nicht, 2017 vom EU-Parlament angegangen. Aktuell ist es Staatsbürgern von Mitgliedsländern des Visa Waiver Program erlaubt, sich für das ESTA zu bewerben. Bewerber, die akzeptiert werden, dürfen die USA für bis zu 90 Tage am Stück, über 2 Jahre, besuchen. Dies ist als Alternative zum herkömmlichen Visum gedacht, zu dem der Bewerber eine US-Botschaft aufsuchen, mehr Geld zahlen und einen komplizierteren Bewerbungsprozess durchlaufen muss, um die USA besuchen zu können. Die EU nutzt ein ähnliches System und Amerikaner können mittels Schengen-Visum grenzübergreifend reisen, ohne für jedes einzelne Land ein separates Visum zu benötigen. Das sieht auf den ersten Blick unproblematisch aus – bis man feststellt, dass die EU und die USA etwas unterschiedliche Auffassungen darüber haben, wie andere Länder zu bewerten sind.

Nach EU-Recht müssen alle Bürger der EU gleichbehandelt werden. Es wäre beispielsweise illegal, gezielt unterschiedliche Gesetze für die Bewohner eines EU-Landes und Bürger anderer EU-Länder zu beschließen. Auch wenn die EU eine Sammlung verschiedener Staaten ist, so funktioniert sie unter dem Schirm gemeinsamer Gesetze und Vereinbarungen. Die USA sieht das jedoch etwas anders – jedes Land in der EU wird eigenständig bewertet, unabhängig davon, ob es der EU angehört oder nicht. Das bedeutet, dass ESTA Visa-Gesetz einige Länder betrifft und andere nicht. Sämtliche Bürger Bulgariens, Kroatiens, Zyperns, Polens und Rumäniens sind davon betroffen und können sich nicht auf das ESTA bewerben. Die USA sieht sie nicht als Einheit (EU), sondern als einzelne Länder.

Dies sorgte im EU Parlament für einigen Ärger, da diese Ungleichbehandlung in den Augen der EU eine Diskriminierung einiger ihrer Bürger stattfand. Aus diesem Grund fühlte die EU sich zum Handeln gezwungen, was zu einem Referendum über die Abschaffung der Visum-freien Reise für US-Amerikaner führte.

Visa-Krieg

Visa-Krieg ist ein dramatischer Name für diesen Disput, doch das Problem hat bei vielen Wut hinterlassen, mit stark abweichenden Meinungen auf beiden Seiten. Das Europäische Parlament stimmte für das Ende des Visum-freien Bereisen der EU für US-Amerikaner. Auch wenn dies nur eine Abstimmung ohne Gesetzbeschluss war führte es doch zu einem Abschwung in den Beziehungen.

Die Trump Administration hat merkliche Änderungen in der Visa- und Immigrationspolitik vorgenommen, wodurch es für Ausländer schwieriger wurde, Touristen-Visa zu erhalten. Während die Visa-Probleme in Kanada Altlasten vorangegangener Regierungen waren, wird die Ungleichbehandlung betroffener EU-Staaten durch die USA absichtlich fortgeführt. Kanada versicherte, dass bis Ende 2017 für alle Bürger der betroffenen Staaten ebenfalls die Möglichkeit geschaffen werde am ETA teilnehmen und somit Visum-frei zu reisen. Dieses System ist das kanadische Pendant zum US-ESTA. Die USA hingegen behalten ihre Position, gewisse EU-Länder nicht zum ESTA zuzulassen, bei.

Dieses, ausländischen Besuchern gegenüber feindliche, politische Klima war wenig hilfreich für den US-Tourismus, mit einer deutlichen Abnahme der Besucherzahlen, die sich von Ende 2016 durch das ganze Jahr 2017 fortzog. Diese Politik goss zusätzliches Öl ins Feuer bei Betrachtung der Problematiken wie der des Schengen-Visums.

Letztendlich wurde im Mai die Abstimmung darüber, die Einreise in die EU für amerikanische Bürger zu erschweren, von der EU-Kommission gekippt. Obwohl zuvor schon die europäische Reisekommission dagegen protestierte, wurde das Thema nicht gleich begraben. Es wird angenommen, dass es für den europäischen Tourismus schädlich wäre, US-amerikanischen Touristen die Reise durch die EU zu erschweren. Das Risiko, damit Arbeitsplätze und die Reiseindustrie zu gefährden, war die Umsetzung dieser Ideen nicht wert.

Die Crux bei dieser Argumentation ist, dass einige Länder keine gegenseitigen Visa-Rechte gewähren. In Fällen, in denen Europe das Visum-freie Reisen anbot, erwiderten einige Staaten dieses Angebot nicht. Ein Beispiel, Japan, folgte der durch die EU gesetzten, zweijährigen Frist, das Visa-Recht anzupassen. Die Vereinigten Staaten aber lehnten es ab, die Forderungen der EU zu erfüllen.

Die Begründung der USA ist, dass diese einzelnen Staaten nicht die Sicherheitsanforderungen erfüllen, die das VWP vorschreibt – allerdings reicht diese Begründung der EU nicht aus, da sie nicht mit ihrer Richtlinie der Gleichbehandlung vereinbar ist.

Die Lösung

Trotz der Furore, die die Visa-Debatte hinterließ, wurde der Visa-Problem schließlich gelöst. Obwohl die fünf betroffenen Mitgliedsländer der EU noch immer nicht unter Nutzung des ESTA in die USA reisen können, steht das Schengen-Visum den US-Amerikanern unverändert weiter zur Verfügung - so ziemlich wie am Anfang der Debatte. Insgesamt hat sich als Ergebnis dieser Auseinandersetzung nicht viel geändert, was Visa und Reisen betrifft.

Allerdings ist klar, dass dies einige Themen aufgeworfen hat, die es zu klären gilt, darunter auch die Position der USA auf der internationalen Bühne. Mit weiteren Unstimmigkeiten die sich in politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Debatten abbilden, scheint dies nur die Spitze des Eisbergs zu sein, in Bezug auf die Beziehungen der USA zur EU und zum Rest der Welt. Mit Handelskriegen am Horizont, welche die US-Industrie belasten, ähnlich wie das Reiseverbot die Tourismusindustrie belastete, scheint die Entwicklung nicht positiv für die USA – doch nur die Zeit wird das Ergebnis offenbaren.